Der Einstieg in die elektronische Antriebstechnik

Da es immer mehr zu wickelnde Materialien gibt, entwickelt Lenze den Alquist-Wickler stetig weiter. Dennoch stagnieren in den 1960er Jahren die Verkaufszahlen. Offenbar muss sich etwas Grundlegendes ändern.

Bereits 1957 hat das Stahlkontor den Hyperbelwickler, System Dr. Langweiler der Dülkener Firma Tonmetall ins Programm aufgenommen – quasi als Alternative zum Alquist-Wickler. Sein Herzstück ist kein sich selbst regulierender Gleichstrommotor, sondern ein spezielles elektrisches Regelgerät, das die Motorleistung während des Wickelns automatisch reguliert, um das Drehmoment dem Wickeldurchmesser anzupassen.

Um von Zulieferern unabhängig zu werden und die eigenen Wickelanlagen zu verbessern, entwickelt Lenze Ende der 1960er Jahre ein eigenes Regelgerät für Gleichstromantriebe. Zur eigenen Überraschung verkauft sich das neue Gerät hervorragend – auch ohne Verbindung zu einer Wickelanlage und gegen starke Wettbewerber wie AEG oder BBC. Lenze nimmt 1970 die Serienproduktion des Geräts auf.

Ein Joint Venture mit der japanischen Firma Miki verschafft Lenze 1972 den Zugang zu Halbleiterproduzenten in Japan und Südostasien. Mit Hilfe von Halbleiterventilen (Thyristoren) baut Lenze immer kleinere und zuverlässigere Regelgeräte. Anlauf und Drehzahlverhalten von Motoren sind nun mathematisch genau steuerbar.

Trotz des Erfolgs bleibt Lenze skeptisch: „Die Elektronik ist eine sehr teure Angelegenheit“ bemerkt der Beirat und fragt: „Bringt sie Gewinn?“ Auch der Vertrieb sieht „nur unüberschaubare Arbeit und wenig Umsatz“. Doch Alfred Belling glaubt an die Elektronik. 1973 gründet er die Lenze Elektronische Antriebstechnik und bringt 1974 eine Stromrichterreihe bis 7,5 kW für Geradeausantriebe und Zentralwickler auf den Markt, die erfolgreich in Förderanlagen oder in Papier- und Textilmaschinen eingesetzt werden.

1976/77 gelingt Lenze die bahnbrechende Entwicklung eines Frequenzumrichters auch für Drehstrommotoren, was die Drehzahlsteuerung im Maschinenbau entscheidend vereinfacht. Die Weiterentwicklung der Frequenzumrichter verschafft Lenze eine weltweit führende Stellung. Nun beginnt Lenze auch mit der Anlagentechnik und dem Schaltschrankbau. Mit 1.100 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 120 Millionen Mark steht Lenze zum Ende der 1970er Jahre hervorragend da. Die technischen Weiterentwicklungen und vor allem der Einstieg in die elektronische Antriebstechnik haben die Position des Unternehmens gestärkt.